Über die Hälfte der Schweizer Arbeitnehmenden möchte eine neue Stelle antreten oder kann sich zumindest vorstellen, den Job zu wechseln. Das zeigt eine Studie im Auftrag des Online-Netzwerks XING. Auslöser ist bei vielen die Corona-Pandemie.

Interview geführt durch Olivia Folly für die Solothurner Zeitung mit Catherine Sorg aus Zuchwil.

Catherine Sorg, Sie begleiten Menschen, die sich beruflich neuorientieren wollen. Wie haben Sie das die vergangenen zwei Jahre in Ihrem Coaching erlebt?

Was ich feststelle ist, dass sich durch die Pandemie die Gründe für den Wunsch nach einer beruflichen Neuorientierung verändert haben. Viele fingen an, Dinge anders zu gewichten, anders hinzuschauen oder genauer hinzuschauen. Der Lock down und das Homeoffice trugen dazu bei, dass viele Menschen Zeit fanden, um sich zu reflektieren. Und es kamen Dinge unter anderem im Berufsumfeld zum Vorschein, die ihnen ohne die Pandemie vielleicht gar nicht aufgefallen wären.

Können Sie Beispiele nennen?

Interview Neuorientierung

Interview Neuorientierung

Zum Beispiel, wie solide ein Team ist. Vorher ging man vielleicht immer gern arbeiten und dachte, man hätte ein gutes Team. Allein im Homeoffice merkte man dann aber, dass das Team nur gut funktioniert, wenn man sich physisch sieht. Oder es wurde auffällig, dass der Chef oder die Chefin ihre Funktion nicht richtig wahrnimmt. Man kam sich, im Homeoffice am Bürotisch, auf sich allein gestellt vor ohne Rückendeckung. Andere bemerkten, dass ihnen ihr Job eigentlich überhaupt keinen Spass macht und sie nur wegen des guten Teams gerne arbeiten gingen. Es sind solche Dinge, die in der Pandemie verstärkt zum Vorschein kamen.

Können sich die Menschen heute eher vorstellen beruflich neue Wege einzuschlagen als früher?

Ja, die Sinneshinterfragung ist heute stärker als zu der Zeit vor der Pandemie. War man früher unzufrieden in seinem Job, wechselte man den Arbeitgeber und blieb häufig in der gleichen Funktion tätig. In der Pandemie hatten die Menschen aber mehr Zeit, um darüber nachzudenken, was sie wirklich wollen. Man konnte nicht in die Ferien, keine Weiterbildung machen und keine Freunde treffen. Also stellte man sich ins Zentrum und hinterfragte seine Situation. Grundfragen zur möglichen Zufriedenheitsursache kamen hoch.

Viele möchten sich beruflich verändern, wissen aber nicht, was sie tun könnten. Wie arbeiten Sie mit diesen Leuten?

In meinem Coaching «Berufsfindung mit Sinn» geht es darum herauszufinden, welcher Beruf wirklich zu einem passt. Unabhängig davon, was man bisher beruflich gemacht hat. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Gemeinsam schauen wir dann, was der Beruf alles enthalten muss, damit man nachhaltig glücklich wird und eine Sinnhaftigkeit darin erlebt. Als Ziel soll ein Beruf angestrebt werden, der langfristig Erfüllung bringt und indem man gerne Leistung erbringt. Manchmal braucht es dann eine Weiterbildung oder eine neue Ausbildung.

Das klingt gut, aber ab einem gewissen Alter, hat man vielleicht eine Familie zu versorgen oder andere Verpflichtungen.

Das wird in den Prozess miteinbezogen. Ein Beispiel: Jemand möchte Meeresbiologe werden, ist aber an einen Wohnort in der Schweiz gebunden. Dann wird es schwierig, als Meeresbiologe in Spanien zu arbeiten. Aber vielleicht gibt es eine andere Form dieses Berufes, welcher in der Schweiz möglich ist. Zum Beispiel eine Forschungsarbeit in unseren einheimischen Seen und Flüssen. In meinem Coaching werden alle Bedingungen wie Puzzle-Teile mit einbezogen, welche erfüllt sein müssen. Wenn jemand 20 ist, dann sind die Bedingungen anders als im Alter von 40 oder 50+. Dann will er oder sie möglicherweise keine neue Ausbildung mehr machen. Aber dann gibt es vielleicht die Möglichkeit eine Weiterbildung mit einem Quereinstieg zu kombinieren. In der Schweiz haben wir glücklicherweise ein Ausbildungs- und Weiterbildungssystem, das sehr gut aufgestellt ist. Wir haben immer ganz viele verschiedene Möglichkeiten, um an ein Ziel zu kommen.

Interview geführt durch Olivia Folly mit Catherine Sorg aus Zuchwil am 9. April 2022 in der Solothurner Zeitung erschienen. Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell zu den Interviews Neuorientierung durch die Pandemie erstellt www.manusfactur.de

Radio32 hat mich im Januar 2022 über Neuorientierung interviewt. Sie wollten wissen wieso Menschen sich neu orientieren wollen, warum das Home-Office diesen Wunsch beschleunigt und wie ich es mit meinen Kunden bei Catherine Sorg-Coaching angehe. Sie können hier das Interview in zwei Teilen gerne anhören.       

 

Interview Neuorientierung

Homeoffice und Neuorientierung

 

Berufsfindung mit Sinn
bei Catherine Sorg-Coaching   

 

Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell dazu erstellt    www.manusfactur.de

Seit gestern Abend gilt ein internationaler Gesundheitsnotstand, ausgerufen von der Weltgesundheitsorganisation, wegen des neuartigen Corona-Virus„, sagt der Tagesschau-Sprecher, als ich mit meiner zwölfjährigen Tochter Amélie an einem Abend Ende Januar die Nachrichten schaue.
Plötzlich laufen Amélie Tränen die Wangen hinunter: „Ich will den Virus nicht kriegen!“ sagt sie weinend. Ich beruhige sie und sage, dass der Virus für gesunde Kinder nicht schlimm ist.
„Aber du und Papa sollt auch nicht krank werden!“ Auch da kann ich sie beruhigen: Wir gehören beide nicht zur Risikogruppe.

Dass der Virus unser aller Leben trotzdem gehörig auf den Kopf stellen wird, wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht. Das Schul-Skilager – Amélies letztes in der Primarschule – wird abgesagt, die Schulen schliessen, vom Bundesamt wird ein Versammlungsverbot ausgesprochen und wir können nicht nach Deutschland reisen, wo wir Freunde besuchen wollten.

Nicht nur Amélie bekam Angst, als sie gewahr wurde, dass auch wir in der Schweiz von diesem Virus und all seinen Folgeerscheinungen betroffen sind. Seitdem ist die globale Krise in aller Munde und die gesamte Menschheit ist davon betroffen. Menschenleere Strassen und Plätze, ganze Landstriche und Stadtgebiete sind wie ausgestorben. Die Wirtschaft ist stark in Mitleidenschaft gezogen, viele Menschen haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder bankrott zu gehen. Dieser kleine Virus – man kann ihn nicht einmal unter einem normalen Mikroskop sehen – stellt alles auf den Kopf und verbreitet sich in Windeseile.

Was macht der Notstand mit uns?

Die neue Situation löst bei vielen Menschen eine Menge Ängste aus – das eigene Leben oder die Liebsten zu verlieren, die Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können, nicht mehr genug zu essen zu haben, und dass sich das gewohnte Leben gravierend verändert. Existenzängste entstehen. Diese tragen wir latent immer in uns. Nun kommen sie an die Oberfläche und rufen unterschiedliche Reaktionen hervor. Manche hamstern Lebensmittel und wagen sich nicht mehr vor die Tür. Andere prahlen lauthals, sie seien nicht betroffen. Wieder andere bringen alten Menschen die Mahlzeiten nach Hause oder helfen in Spitälern aus.

Was nährt unsere Angst?

Es ist eine komplizierte Zeit, so viele verschiedene Informationen prasseln auf uns ein. Die Meinungen gehen stark auseinander. Es ist alles da: Politiker, die versuchen ihr Bestes zu geben trotz der Unsicherheit, was richtig ist und was nicht; Wissenschaftler, die sich nicht einig sind ; Verschwörungstheoretiker, die haarsträubende Szenarien und Ursachen verbreiten; Medien, die möglichst zeitnah und wahrheitsgetreu berichten wollen, aber nicht immer davor gefeit sind, nicht dramatisch zu wirken. Es gibt sogar Menschen, die behaupten, diese Zeit sei eine wunderbare Chance! Wem dürfen wir glauben? Wer hat Recht?

Was unterscheidet diese Situation von anderen?

Zu jedem Thema bestehen die unterschiedlichsten Diskrepanzen. Zum Beispiel beim Klimawandel gibt es zahlreiche konträre Aussagen und die Gefahr scheint ebenso gross, aber das löst weder Hamsterkäufe noch so viele Solidaritätsbewegungen aus. Die Medien berichteten laufend über den Klimawandel, aber seit sich der Corona-Virus von China aus über die ganze Welt ausbreitet und auch hier in der Schweiz grassiert, haben die Medien kein anderes Thema mehr. Die Tagesschau berichtet nur noch darüber und jeden Abend laufen Sondersendungen im Fernsehen.

Die Corona-Krise betrifft jeden von uns unmittelbar. Wir alle sind von den offiziellen Vorsichtsmassnahmen stark betroffen. Selbst wenn man niemanden kennt, der an dem Virus erkrankt ist, besteht die Möglichkeit, dass man sich selbst infiziert oder es an jemanden im Umfeld weitergibt. Wir werden daran erinnert, dass wir sterblich sind.

Wozu dient die Angst?

Angst muss sein. Hätten wir keine Angst, würden wir die Autobahn überqueren, ohne nach rechts und links zu schauen. Angst gehört zur menschlichen Grundausstattung. Sie hilft uns zu überleben, indem sie uns zu Sorgfalt und Besonnenheit mahnt. Angst lässt sich zwar bewusst unterdrücken, aber ist dann trotzdem noch da und wirkt aus dem Unterbewusstsein. Dann sorgt sie für viele Gedanken, Überreaktionen und äussert sich durch zitternde Knie, Hände und Stimme, Herzrasen, beschleunigte Atmung, flauer Magen, Durchfall, Schwitzen, Schwindel, Panik, Gefühl der Hilflosigkeit, Konzentrationsschwäche, Blackout, Schlaflosigkeit oder Depression.

Sie haben die Wahl

Vielleicht haben Sie in den letzten Wochen eines dieser Symptome erlebt?
Wenn die Angst Sie vorsichtig sein lässt und Sie besonnen damit umgehen können, ist alles gut. Wenn die Angstgefühle jedoch mit Ihnen «machen», was sie wollen, und Sie sich den Symptomen ausgeliefert fühlen, ist es Zeit, etwas daran zu ändern. Jeder von uns ist dazu in der Lage, sie in den Griff zu bekommen, sodass sie uns nicht mehr beherrscht. Auch Sie können Ihre Angst bewältigen. Sie haben es in der Hand, diesen Gefühlen ihren richtigen Platz zuzuweisen und wieder Fuss zu fassen.

Angst, Corona

Was können Sie tun?

Wir folgen den Auflagen des Bundes: sich genügend die Hände waschen, Social Distancing wahren, Menschenansammlungen meiden. Das gibt schon mal eine gewisse Sicherheit. Damit zeigen wir Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein.

Wie können Sie mit dieser Situation umgehen und einen klaren Kopf bewahren, ohne sich von den kollektiven Ängsten anstecken oder den eigenen Befürchtungen überwältigen zu lassen? Hier ein paar Anregungen, die Ihnen helfen können, sich proaktiv mit der neuen Situation zu versöhnen:

  1. Beobachten und überprüfen Sie, wie oft Sie am Tag über Corona lesen, aktiv auf Social Media sind und sich von den verschiedenen Informationen verwirren lassen. Sich zu informieren ist wichtig, sich bombardieren zu lassen, ist aber unnötig. Legen Sie fest, wie oft und wo Sie pro Tag aktiv Ausschau nach Informationen halten wollen und bei wem. Wenn Sie Statistiken lesen, kehren Sie die Zahlen um und rechnen Sie aus, wie viele Menschen überleben.

  2. Stellen Sie Menschen, die über nichts anderes mehr sprechen, auf «Snooze». In den sozialen Medien ist das einfach, Sie können sie vorübergehend ignorieren oder sogar deabonnieren. Im direkten Kontakt bitten Sie Ihr Gegenüber freundlich darum, über etwas anderes zu sprechen, und wechseln von sich aus zu anderen Themen. Dies kann auch auf die andere Person erleichternd wirken und diese zumindest für einen Moment ablenken.

  3. Suchen Sie Kontakt zu Menschen, die konstruktiv- und lösungsorientiert denken. Wer von Ihren Bekannten sucht Ideen? Wer hat eine positive Grundeinstellung? Wer versucht, das Beste aus der Situation zu machen? Wer zeigt sich innovativ? Wer lacht noch? Treten Sie in Kontakt mit Menschen, die Ihnen guttun, und bald bringen auch Sie eine positive Stimmung in das Zusammensein und bereichern die gemeinsamen Gespräche.

  4. Fassen Sie Mut und suchen Sie die Verbindung mit Menschen, von denen Sie vielleicht schon länger nichts mehr gehört haben. Auch neue Bekanntschaften können über die Ferne intensiviert werden. Verbinden Sie sich mit Menschen, die Sie mögen. Seien Sie erfinderisch in der Kontaktaufnahme. Hatten Sie noch nie eine Videokonferenz? Dann ist jetzt der richtige Moment es auszuprobieren.

  5. Gehören Sie zu denen, die nicht arbeiten? Dann überlassen Sie Ihre Gedanken nicht der Langenweile oder der Berieselung durch die Medien. Erstellen Sie eine Liste von den Dingen, die Sie schon immer einmal machen wollten, und überprüfen Sie, was davon zurzeit möglich ist. Vielleicht wollten Sie schon immer eine neue Sprache lernen oder einen Yoga-Kurs besuchen? Beides ist jetzt virtuell ganz leicht direkt von zu Hause aus möglich.

  6. Arbeiten Sie? Dann tun Sie sich etwas Gutes – sowohl zwischendurch am Tag als auch am Abend. Sie können sich nach der Arbeit mit ausgesuchten Menschen über Videokonferenz treffen, austauschen und sogar miteinander anstossen. Bleiben Sie nicht allein oder ausschliesslich in Ihren vier Wänden. Ein Waldspaziergang kann Wunder wirken, das Social Distancing dabei nicht vergessen.

  7. Vor dem Einschlafen seien Sie dankbar für das was Sie haben. Fokussieren Sie sich auf alles, was an diesem Tag erfreulich war. So nehmen Sie wirkungsvoll Einfluss auf Ihre Zufriedenheit, Ihr Körper wird sich beruhigen, Ihr Geist kann sich entspannen, der Schlaf kann erholsam werden.

  8. Ganz wichtig: Fokussieren Sie sich auf das, was Sie wollen, und visualisieren Sie es. Wenn Sie permanent mit düsteren Gedanken beschäftigt sind, fehlt der Kontakt mit dem, was Ihnen am Herzen liegt. Deshalb wenden Sie sich bewusst den Dingen zu, die Sie als Absicht in sich tragen, zum Beispiel über ein Thema informieren, das Sie interessiert, oder eine Fortbildung anstreben. Diejenigen, die im Mentaltraining waren, können sich an die Geschichte des Blauen Papageis erinnern.

Dieser Text wurde 4-händig geschrieben, die Startgeschichte stammt von meiner Kollegin, Kundin und Texterin Karin Engelkamp von Textengel in Solothurn.  www.textengel.ch Die Erläuterungen dazu von Catherine Sorg.
Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell dazu erstellt www.manusfactur.de

„Du kommst aber spät“, beschwert sich Astrid, als ihre Mutter Martina an den Tisch im Café geeilt kommt, an dem Astrid sitzt und seit einer viertel Stunde wartet.
„Tut mir leid! Ich war noch bei der Physiotherapie und es hat etwas länger gedauert“, entschuldigt sich Martina ausser Atem.
„Wieso gehst du denn zur Therapie?“, fragt Astrid.
„Mir tut neuerdings das Knie so weh“, erwidert Martina. „Der Arzt sagt, das sei relativ normal in meinem Alter, dass die Gelenke beginnen, dauerhaft zu schmerzen. Ansonsten bin ich aber noch sehr fit mit meinen sechzig Jahre, meint er. Trotzdem gehört es wohl zum Altwerden dazu.“
„Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, alt zu werden“, sagt Astrid, die vor ein paar Wochen dreissig geworden ist.
„Das ging mir früher auch so“, sagt Martina. „Aber es hat auch seine Vorteile. Wenn ich sehe, wieviel du zu tun hast mit deinen zwei Rabauken und nebenbei noch arbeiten gehst – da ist mein Leben inzwischen doch ruhiger geworden, seit du und deine Geschwister aus dem Haus seid.“
„Du kommst mir noch sehr vital vor“, meint Astrid.
„Danke, ich fühle mich auch gut.“ Martina freut sich über das Kompliment ihrer Tochter. „Viele sagen ja, früher sei alles besser gewesen, aber ich möchte mich nicht nur an die Vergangenheit hängen, sondern jetzt leben und das Beste daraus machen.“
„Eine gute Einstellung, finde ich“, entgegnet Astrid. „Daran möchte ich mich auch halten.“

Wie Karin das Älterwerden erlebt …

Das Alter – In jungen Jahren erscheint es so weit weg, als würde es nie kommen. Und plötzlich ist es da! Ich empfinde das Älterwerden wie zwei Gegenbewegungen. Der Körper zeigt eindeutig, wie die Zeit verrinnt. Die Haut zeigt immer mehr Falten, die Haare werden grau, plötzlich muss eine Lesebrille her und die Knie schmerzen nach längerem Sitzen. Gleichzeitig aber geniesse ich heute jeden Sonnenuntergang, erfreue mich an einem Waldspaziergang und habe mit Kindern viel mehr Geduld als damals, als meine noch klein waren. Äusserlichkeiten verlieren an Wichtigkeit, Freundschaften werden hingegen wichtiger. Ich muss nicht mehr aus allem einen Konflikt machen, sondern kann die Dinge nehmen, wie sie sind.

Dennoch sind gerade für Frauen die Wechseljahre kein Kinderspiel. Hitzewellen und Stimmungsschwankungen müssen ausgehalten werden und noch so manche andere Symptome. Überhaupt sind die Gesundheit und das Wohlbefinden nicht mehr so geschenkt wie früher – ich bin anfälliger geworden. Gleichzeitig fühle ich mich auf der Höhe meiner geistigen Kraft, vermutlich weil Erfahrung und Gelassenheit ein Gegengewicht bilden.

Wie es Catherine mit dem Älterwerden geht …

Das geht mir auch so. In jungen Jahren erwiderte ich jedem Menschen, der sich über sein Altwerden beklagte, egal in welchem Alter er war: «Du bist doch noch jung!» Ich empfand es tief in mir tatsächlich so. Als ich selbst dreissig wurde, fühlte ich mich voll in meiner Kraft und mit vierzig trotz schwieriger Lebensumstände immer noch. Diese Umstände und meine Ausbildungen brachten mich dazu, einen Selbstprozess anzugehen. Es war ein steiler, happiger Weg, der sich gelohnt hat. Mit fünfzig fühlte ich mich innerlich so zufrieden, dass ich mich so richtig im Leben angekommen fühlte, voll in meiner Kraft stand. Diese neue Kraft hatte aber eine andere Farbe, eine andere Wärme und brachte auch eine andere Ernte mit sich.

Heute ist mir bewusst, dass ich altere. Mein Körper zeigt es mir mit Fältchen und Wehwehchen. Auch die Menopause, wie von Karin beschrieben, macht mit mir etwas. Trotzdem fühle ich mich immer noch jung und fit im Kopf, so wie ich es damals den älteren Menschen vorhielt. Jeden Morgen mache ich eine halbe Stunde Yoga, ein- bis dreimal in der Woche gehe ich joggen. Das war undenkbar, als ich zwanzig war, da hätte ich weder die Disziplin der Regelmässigkeit noch die Ausdauer aufgebracht. Dafür rase ich nicht mehr mit dem Motorrad herum, haushalte besser mit meinen Kräften, bin geduldiger mit mir und anderen, kenne mich gut und habe Empathie gelernt.

altwerden jungbleiben
Du bist erst alt, wenn du entscheidest, nicht mehr jung zu sein

Auf dem Zähler des Lebens gelte ich bald als Seniorin. In den Augen junger Menschen bin ich schon bald uralt. In meinem Kopf aber sitzen nun die Reife und das Jungsein gemütlich beieinander und jassen aus, wo ist was Neues dran und wo darf es sein, wie es schon immer war und mir entspricht – eine neue Freiheit, die ich früher nicht hatte. Und doch weiss ich heute, was damals die älteren Menschen mit dem Altwerden meinten.

Sich noch mal ganz neu auszurichten …

Es ist gut, sich mit dem Älterwerden auseinanderzusetzen. Wem es gut geht dabei, der muss nichts unternehmen. Wer jedoch zu intensiv der Jugend nachtrauert, dadurch die Gegenwart verpasst oder sich einfach nicht wohlfühlt und keine spannende Zukunft sieht, kann die Chance nutzen und eine Lebenszwischenbilanz ziehen. Eine Standortbestimmung kann eine interessante Angelegenheit sein. Vieles kommt zutage und kann geerntet oder aufgeräumt werden. So wird es möglich, Platz für Neues zu schaffen, sich eine erfüllende Zukunft aufzubauen und nochmals richtig aufzuleben – egal, wie viele Lebensjahre am Geburtstag gefeiert werden. Jedes Alter lässt es zu, neue Pläne zu schmieden.

Wegweiser für eine erfüllte nächste Lebensphase

  • Kaufen Sie ein schönes Notizbuch und richten Sie sich mit ihm an einem angenehmen Ort ein.
  • Die erste Schreibphase dient dem Rückblick: Was habe ich verwirklicht? Was hat mir Spass gemacht? Wo habe ich mich überrascht? Wann war ich stolz auf mich? Was ist mir gelungen? An was hatte ich Freude?
  • Verwenden Sie so viel Zeit auf diesen Rückblick, wie Sie brauchen. Je älter Sie sind, desto mehr gibt es zu ernten. Es können ein paar Stunden sein bis hin zu ein paar Tage oder sporadisch immer wieder.
  • Wenn Sie das Gefühl haben, alles aufgeschrieben zu haben, gehen Sie in die nächste Phase.
  • Was wollten Sie schon immer einmal tun, was Sie noch nie gemacht haben? Ob es aus zeitlichen Gründen, Lebensumstände oder Ängsten heraus nicht geschehen ist, ist unwichtig. Beurteilen Sie nicht, listen Sie einfach auf, was Ihnen in den Sinn kommt.
  • Auch hier nehmen Sie sich genügend Zeit. Fragen Sie sich: «Was noch…?», bis sich die Liste vollständig anfühlt.
  • Im nächsten Schritt wählen Sie aus Ihrer Liste die Punkte, welche Sie in den kommenden drei Jahre angehen wollen.
  • Danach wählen Sie den Punkt, der Sie am meisten «gluschtet», und schmieden einen Plan, der Sie ans Ziel führt.
  • Und nicht vergessen: Der Weg selbst hat bereits eine erfüllende Qualität.

Dieser Text wurde 4-händig geschrieben, die Idee stammt von meiner Kollegin, Kundin und Texterin Karin Engelkamp von Textengel in Solothurn.  www.textengel.ch/ Die Erläuterungen dazu von Catherine Sorg.
Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell dazu erstellt www.manusfactur.de

Es pocht, es nervt – es bewegt. Ich bewege mich – in der Nacht. Ich wälze mich im Bett. Ich kann nicht schlafen. ES lässt mich nicht schlafen. ES, das Gefühl, es muss sich was ändern. Es ändert sich nichts. Nicht von allein. Ich muss etwas ändern. Nur was?

Schon lange habe ich jede Pause dazu genutzt, nachzudenken. Wie stoppe ich das Gedankenkarussell? Die Antwort ist eigentlich klar. Der Chef muss weg! Ja, das ist die Lösung! Ich sehe sie vor mir. Ich bleibe, er geht.

Oder nein, ich muss weg! Morgen, ja morgen oder vielleicht nächste Woche kündige ich. Oder besser nach den Ferien. Dann bestimmt. Oder lieber bleiben, und durchhalten. Kann ich das? Will ich das? Was wird dann aus mir? Drehe ich mich dann weiter im Kreis, im Bett?

Diese Fragen gehören zum Gestern. Die Entscheidung kam über Nacht und liess mir keinen Raum zum Denken. Meine Prinzipien und mein inneres Ich taten sich zusammen und übernahmen gemeinsam die Verantwortung aller Konsequenzen. Der Chef ist geblieben, mein Ich ist gegangen. Und das mit einem sicheren Gefühl. Ich musste mich nicht vor mir fürchten – ich habe mich für mich entschieden.

 «Weisst du schon, was du machst?» «Hast du schon was Neues?» Einmal Nein, zweimal Nein. Und ich bin froh. Denn alles was neu kommt, ist auf jeden Fall anders als das, was ich nicht mehr wollte. Das nenne ich Erfolg. Der Punkt geht an mich. Das ist Freiheit. Die grösste Freiheit ist die Möglichkeit der eigenen Entscheidung. Ich bin frei.

«Mut hast du, ich bewundere dich. Ich könnte das nicht!» Sagt der Wunderer. Der Bewunderer.

Mut? Wofür? Dass ich meinen Ängsten vertraue? Dass ich zu meiner Haltung stehe? Dass ich mich nicht mit Liebesentzug bestrafe, wenn ich eine falsche Entscheidung treffe? Ich bin nicht mutig. Nein. Weiss eigentlich nicht, was das ist. Denke dabei an Bungee-Jumping und Freeclimbing. Dazu bräuchte ich Mut. Aber den hätte ich nicht.

Die Frage stelle ich mehr an mich, als an den Zweifler: «Was kann ich, was du nicht kannst? Was du dich nicht traust?»

Ich habe mich entschieden. Mein Ich hat sich für mich entschieden!  

Braucht Entscheidung Mut?

Wir treffen täglich viele Entscheidungen. Unbewusst und reibungslos. Dann wiederum begegnen wir manchmal Entscheidungen, die uns keine Ruhe lassen. Sie wollen sich nicht entscheiden lassen, obwohl der Druck so gross ist. Der Druck lässt nicht nach – er wird vielleicht sogar stärker, wir spüren, wir werden uns entscheiden müssen. Aber was hindert uns daran?

Diese Frage ist nicht immer einfach zu beantworten.

Paula spricht in ihrem Beispiel von Haltung, Prinzipien, Freiheit, Liebesentzug und der Angst, falsch zu entscheiden. Alles, was anfangs scheinbar Mut gebraucht hätte, ist plötzlich über Nacht verschwunden. Der Entscheid wurde sonnenklar: «Meine Prinzipien und mein inneres Ich taten sich zusammen und übernahmen gemeinsam die Verantwortung aller Konsequenzen. »

Ah, genau! Da sind doch auch noch die Verantwortung und die Konsequenzen! durch die entsteht schnell ein Cocktail von Punkten, der den Entscheidungsprozess komplex macht.

Entscheidungen sind nur mit Emotionen möglich

Bei jedem Entscheid sind Emotionen im Spiel. Ob bei einem Kaufentscheid, einer Speiseauswahl aus der Menükarte, dem Ferienentscheid, oder mit wem wir in Beziehung treten wollen, oder nicht. Gefühle schwingen immer mit. Auch wenn der Verstand manchmal ganz klar signalisiert, was wir momentan brauchen, steuern unsere Gefühle manchmal dagegen.

Es gibt Emotionen, die wir gut kennen. Zum Beispiel: «Ich habe genug gegessen, aber ich bestelle mir trotzdem noch ein Dessert.» 😊 Solche Entscheide fällen wir oft, auch wenn an ihnen unser schlechtes Gewissen haftet. Woher kommt das? Nun habe ich mich doch entschieden, und bin trotzdem nicht froh darüber! Kann es sein, dass persönliche Erwartungen und Bedürfnisse, gegen die Gefühle steuern?  

Ja, genau. Wir haben Gefühle, die aus unseren Bedürfnissen heraus entstehen. Bei einer Kündigung ins Blaue kommen zum Beispiel Gedanken hoch, wie: «Was passiert, wenn ich danach keinen Job mehr finde?» «Komme ich finanziell noch klar?» «Was denken die anderen?» «Wie sieht die Lücke in meinem Lebenslauf aus?» Verschiedenste Bedürfnisse können hier mitsprechen und zeigen sich verkappt in Form von: Sicherheits-, Verlust-, Versagerangstangst. Emotionen die oft nicht auf die Schnelle geortet werden können.

Und dann sind da noch die Erwartungen, wie in Paulas Beispiel: «Frei sein» oder «Etwas Neues erleben wollen». Auch diese Gefühle können fordernd oder beängstigend wirken.

Wie entscheide ich mich in so einem starken emotionalen Kontext?

Hier ist ein mögliches Werkzeug:

  • Notieren Sie alles, was Ihnen durch den Kopf geht auf 3 verschiedene Blätter. (auf jedem Blatt notieren Sie rechts: wenn ich mich entscheide; links: wenn ich mich nicht entscheide)
Kündigen Mut Neuorientierung
Mut ist, was du daraus machst
  • auf Blatt 1 beschreiben Sie Ihre Gefühle.
    (Was macht es mit mir? Was fühle ich dabei? Wie fühlt sich mein Körper dabei an?)
  • auf Blatt 2 schreiben Sie die Fakten.
    (Was läuft ab? Was ist passiert? Was ist Sache?)
  • auf Blatt 3 kommen die Bedürfnisse.
    (Was will ich? Was brauche ich? Was erwarte ich, und wieso?)
  • Stellen Sie sich immer wieder die Frage: Was noch?
    (Was fühle ich sonst noch? Was denke ich sonst noch? Was spüre ich sonst noch? Was ist sonst noch passiert?)
  • Die Blätter müssen nicht in einer bestimmten Reihenfolge bearbeitet werden. Alles geht auf sein dafür bestimmtes Blatt, bis wirklich gar keine Gedanken zu dem Thema mehr fliessen.
  • Wenn sich nichts mehr finden lässt, schauen Sie Ihre Themennotizen genau an. Ergibt sich pro Blatthälfte ein roter Faden? Was wäre die Kernaussage, wenn Sie das pro Spalte notierte auf den Punkt bringen? Bilden Sie daraus 6 Kernsätze in der ICH Form.

Vielleicht hat Ihre Entscheidung mit der Methode bereits an Klarheit gewonnen und fühlt sich schon stimmig an. Eventuell braucht es noch einen weiteren Schritt. Aber auch dann ist klar, was Sie tun können, damit Ihr Entschluss zu einer Entscheidung führt.

Dieser Text wurde 4-händig geschrieben, die Idee stammt aus einem Gespräch mit meiner Kollegin und Texterin Paula Klemt von www.gutschrift.org Die Erläuterungen dazu von Catherine Sorg
Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell dazu erstellt www.manusfactur.de

„Mein Chef hat mir angeboten, für drei Monate in der Londoner Zweigstelle zu arbeiten.“ Eveline schaut ihren Mann Paul verdutzt an, als er ihr die Botschaft mitteilt. Sie waren doch gerade erst mit ihrem einjährigen Sohn Raphael von ihrem Heimatdorf in der Ostschweiz nach Zürich umgezogen, wo Paul als frisch gebackener Jurist in einer grossen Anwaltskanzlei eine gute Stellung angetreten ist. „Das ist eine grosse Chance für dich“, hört sich Eveline sagen. „Das musst du annehmen!“ Zwei Wochen später verabschiedet sich Paul schweren Herzens von seiner Familie und fliegt nach London.

Plötzlich allein und einsam…

Schon nach ein paar Tagen merkt Eveline, dass depressive Gedanken in ihr aufkommen. Sie ist nun allein mit dem Kind. Eines Morgens sitzt sie am Küchentisch, Raphael neben sich im Hochstuhl, sie fühlt sich einsam. Alles allein bewältigen zu müssen mit dem Kleinen, keine Sekunde Raum für sich zu haben, mit niemandem ihre Fragezeichen teilen zu können, bedrückt sie. Da fällt ihr Blick auf die Tageszeitung, auf eine Anzeige des Schwimmbads in ihrer Nähe; Mutter-Kind-Schwimmkurse werden angeboten. Kurzentschlossen meldet sie sich an.

Mehr als nur ein Schwimmkurs

Das Plantschen im grossen Schwimmbecken macht dem Kleinen viel Freude und auch Eveline tut es gut. Mit den anderen Müttern zu reden, über Einschlafprobleme der Kinder und über das wirksamste Mittel gegen Zahnungsschmerzen auszutauschen, gibt ihr Mut, sie ist nicht allein mit ihren Fragen und Unsicherheiten. Der Kurs erweist sich als eine wunderbare Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen. Die Frauen verabreden sich bald auch ausserhalb der Treffen im Schwimmbad, gehen mit ihren Kindern gemeinsam auf den Spielplatz, treffen sich zu Kaffee und Kuchen am Nachmittag, während ihre Kinder zusammen spielen. Sie helfen sich auch gegenseitig aus, um mal ohne Kind einkaufen oder zum Zahnarzt gehen zu können. Die gegenseitige Unterstützung ist für Eveline eine grosse Erleichterung ihres Alltags mit dem kleinen Raphael und hilft ihr enorm, sich noch weiter mit anderen Menschen zu vernetzen, die ähnliche Bedürfnisse haben wie sie selbst.

Vernetzung in der Selbstständigkeit

Nicht nur für Frauen wie Eveline stellt Vernetzung ein hervorragendes Mittel dar, um sich das Leben zu erleichtern und eingebettet zu fühlen. Auch für Menschen, die sich beruflich selbstständig machen, ist es enorm hilfreich, sich ein Netzwerk aufzubauen, in dem sie sich über Fragen bezüglich ihrer Arbeit und Selbstständigkeit austauschen können. Vernetzung an sich ist ein wunderbares Instrument, um einerseits von den Erfahrungen und dem Können anderer zu profitieren, aber auch selbst helfen, beraten und unterstützen zu können. Dabei geht es nicht nur darum, „Werbung“ für sich zu machen, sondern zusammen zu arbeiten und dadurch mehr Kraft aufzubauen für florierende Geschäfte, ob klein oder gross.

Meine eigene Vernetzungserfahrung

Vernetzen Vernetzung Business
Zusammen ist man weniger allein

So wie es für Eveline in ihrer beschriebenen Lebenssituation ein Glück war, sich mit anderen Müttern zu vernetzen, die sich gemeinsam ihren Lebensalltag mit Kindern erleichtern können, sich unter die Arme greifen und gegenseitig unterstützen, so ist es auch heute für mich als freie Korrektorin, Lektorin, Autorin und Texterin – was in erster Linie ja eher eine einsame Tätigkeit allein am Schreibtisch ist – unerlässlich, ein Netz von Menschen aufzubauen, die selbstständig und/oder im schreibenden Sektor tätig sind. Mich über die Branche auf dem Laufenden halten, dabei meinen Horizont erweitern, welche Möglichkeiten die Schreibwelt bietet, welche unterschiedlichen Facetten es gibt an Angeboten, was es braucht für ein blühendes Geschäft – dies sind einige Beispiele für die bereichernde Erfahrung, die ich mit dem Aufbau eines Netzwerks rund um meinen Beruf gemacht habe. Wenn ich zum Beispiel im buchhalterischen oder marketingtechnischen Bereich nicht weiterweiss, kenne ich jemanden, der das Metier beherrscht oder mir jemanden empfehlen kann. Natürlich bietet Vernetzung auch einen Pool an Menschen, die meine Dienste gebrauchen, mir Aufträge erteilen oder mich weiterempfehlen können.

Warum Vernetzung im Einzelunternehmen so wichtig ist

Was uns Karin erzählt, gilt für jeden von uns. Schaut man von aussen auf meinen Beruf als Coach, sieht es so aus, als wäre ich sozial stark vernetzt. Ob im Einzelsetting oder als Trainerin mit einem Team bin ich doch immer mit Menschen unterwegs, auch sitze ich im Gegensatz zu Karin effektiv seltener einsam am Schreibtisch. Dennoch ist auch für mich Vernetzung sehr wichtig. Ob im Austausch mit Gleichgesinnten – Wie hast du dies gelöst? Wie gehst du jenes an? –, ob Synergien entwickelt werden unter Profis aus verschiedenen Branchen, Vernetzung ist ein wichtiger Bestandteil der Selbstständigkeit. Diesen Blogbeitrag zum Beispiel haben wir nach einem interessanten Austausch  gemeinsam entworfen, vierhändig geschrieben und eine Expertin, Claudia, hat den Text zusätzlich illustriert.

Vernetzung bedingt Mut zum offenen Austausch

Ich begleite Einzelunternehmen in deren Geschäftsentwicklung, für diese ist es am frappantesten, was für eine wichtige Rolle Vernetzung spielt. Ein Handwerker oder eine Therapeutin können auf ihrem Gebiet sehr professionell sein, wirklich grossartige Arbeit leisten, sich selbstständig machen und trotzdem scheitern. Wieso? Weil ein/e Einzelunternehmer/in alles andere auch machen muss wie Buchhaltung, Zahlungen, Mahnungen, Akquise, Werbung; also Dinge, die mit dem eigentlich erlernten Beruf gar nichts zu tun haben.

Wenn ich mich vernetze, habe ich die Chance, Tipps und Tricks anderer zu bekommen, manchmal sogar Synergien zu kreieren. Es braucht nur etwas Mut, in einen offenen Austausch zu gehen und seine Fragen zu stellen: Wie hast du dieses Problem gelöst? An was sollte ich noch denken? Eine tolle Homepage garantiert noch nicht, dass sie  im Netz gefunden wird? Aha, was kann ich denn noch tun, damit sie gefunden wird? Und schon ist ein fruchtbarer Austausch lanciert.

Vernetzung ist daher das beste Mittel, um nicht allein dazustehen, sondern zusammen zu wirken und sich gegenseitig zu unterstützen, ob als Eltern, als Selbstständige oder überhaupt als Mensch, der von Natur aus ein soziales Wesen ist.

Dieser Text wurde 4-händig geschrieben, die Idee stammt von meiner Kollegin, Kundin und Texterin Karin Engelkamp von Textengel in Solothurn.  www.textengel.ch Die Erläuterungen dazu von Catherine Sorg.
Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell dazu erstellt www.manusfactur.de

Wenn Pferde durchbrennen oder Reiter*innen die Zügel zu fest in der Hand haben, kommt es meistens nicht gut heraus: Keine Angst, liebe Leserin, lieber Leser, hier geht es nicht um Pferde und Reiten im wörtlichen Sinn, sondern um Bauchgefühl und Verstand. Schauen wir doch mal, wie sich Pferd und Reiter in jedem von uns erkennen lässt. Vielleicht erkennen Sie sich in einer der folgenden Geschichten wieder?

Wenn das Pferd durchbrennt

Mira macht es sich gemütlich auf ihrem Sofa: Endlich Freitagabend, endlich ausspannen. Seit langer Zeit hat sie wieder mal ein Wochenende ohne Pläne. Das ist auch bitternötig, denn Mira hat die letzten drei Wochen fast Tag und Nacht an ihrem neuen Projekt als Architektin gearbeitet, um rechtzeitig die Pläne für den «Neubau Schulhaus» abzugeben. Das Projekt wurde als Wettbewerb ausgeschrieben und Mira rechnet sich gute Chancen aus. Gemütlich zum Ausruhen installiert, gerade als sie ihre Lieblingsserie starten möchte, ruft ihre beste Freundin an: «Hallo Mira, kommst du mit zur Club Party? Du bist doch immer so spontan!» Mira hört sich zu ihrem eigenen Erstaunen sagen: «Ja sicher, gern!» Erst als sie im Badezimmer vor dem Spiegel steht, kommen in ihr Zweifel hoch: «Was für eine Party ist das überhaupt? Kenne ich da jemanden? Ich wollte doch den einen Abend für mich und gemütlich ausruhen. Es ist schon Ende Monat und mein Konto ist ziemlich leer. Nun kann ich mir auch die neuen Schuhe nicht mehr leisten.  Hätte ich doch nur «Nein» gesagt!»

Die Geschichte könnte aber auch so ausgehen:

Wenn nur der Reiter entscheidet

Dieselbe Geschichte nochmals: Wochenende, die Aussicht auf Ausspannen, die Freundin ruft an und Miras Reiterin – der Kopf – sagt sofort «Nein! Ich will mir noch neue Schuhe kaufen und kann und will mir die Party im teuren Club nicht leisten.» Die Freundin reagiert enttäuscht, versteht Mira jedoch und die beiden verabschieden sich. Als Mira wieder auf dem Sofa sitzt, beschleichen sie Zweifel: «Eigentlich könnte ich die Schuhe ja auch nächsten Monat kaufen.» Der «Hammerschlag» kommt aber dann, als sie auf einem der sozialen Netzwerke ein Foto der Party aus dem Club sieht: Lauter gut gelaunte Leute… «Warum sitze ich eigentlich hier allein auf dem Sofa?», sagt Mira halblaut zu sich selbst. Das Gefühl, etwas verpasst zu haben, steigt in ihr hoch.

Was ist passiert?

In der ersten Geschichte ist das Pferd mit Mira durchgebrannt. Mira ist eine unternehmungslustige und spontane junge Frau. Natürlich ist es toll, spontan mit der Freundin auf eine Party zu gehen, aber eigentlich hätte sie auch ausspannen und Geld sparen wollen. Ihr Pferd ist regelrecht mit ihr durchgebrannt und nur aus einem Lustprinzip heraus sofort losgaloppiert, um seinen eigenen Spass zu haben. Der Reiter – Miras Verstand – war in diesem Fall zu langsam, er kam erst nach dem Telefongespräch zum Zug: «Also eigentlich hast du dir ja was anderes vorgenommen: ausruhen und Schuhe kaufen. Du kannst einfach nicht «Nein» sagen!» Dieser Teil wurde somit im Entscheid schlichtweg nicht einbezogen.

In der zweiten Geschichte siegt der Reiter. Er hat durchgezogen, was sich Mira vorgenommen hatte. «Da gibt es keine Ausnahme und die Freundin kann noch so nett fragen. Geplant ist geplant, da wird jetzt nicht davon abgewichen!» Die Bedürfnisse des Pferdes – Miras Bauchgefühl – «vielleicht macht es ja doch Spass…» wurden vom Reiter ignoriert.

Solche Situationen kommen immer wieder vor – zu schnell geantwortet und schon ist es passiert, dass entweder das Pferd oder der Reiter gewonnen hat. Der Frust des einseitigen Entscheides ist programmiert.

Was könnte Mira das nächste Mal anders machen?

Wie Miras Geschichte zeigt, kann der Faktor Zeit eine wichtige Rolle spielen: dann nämlich können sich Kopf und Bauch absprechen und ihre Bedürfnisse berücksichtigen. Sowohl Pferd als auch Reiter brauchen Vertrauen, vom anderen gehört zu werden. Die ideale Form von Reiter und Pferd ist es, eine Einheit zu bilden, so dass – wie bei den Indianern – der Reiter ohne Sattel frei mit dem Pferd galoppieren kann.

Eine mögliche Vorgehensweise Entscheide zu treffen  Entscheidung treffen

  1. Um gute Entscheidungen treffen zu können, kann es beispielsweise hilfreich sein, Bedenkzeit auszuhandeln. «Darf ich mir das noch kurz überlegen?» oder «Ich rufe dich in einer Stunde zurück» oder so ähnlich.
  2. Nun ist Raum und Zeit da, um in sich zu kehren und zu erkunden, was genau die Bedürfnisse sind. In unserem Beispiel: Party – der Freundin einen Gefallen tun ­– Schuhe kaufen – ausruhen – unbedingt dabei sein – nichts verpassen…
  3. Wer Spass daran hat, kann gerne herausfinden, welche Bedürfnisse zum Pferd, welche zum Reiter gehören.
  4. Nun können sich Pferd und Reiter absprechen und miteinander verhandeln. Wie fühlt es sich an, wenn ich an die Party gehe? Wie, wenn nicht? Mögliche Entscheide können durchgespielt werden.

Eventuell wäre eine andere Entscheidung gefallen, im Sinne eines Kompromisses: «Ich prüfe nochmals den Kontostand und verzichte halt heute Abend auf die teuren Drinks im Club.» Dann wären Pferd und Reiter im Einklang gewesen. Aber auch wenn zum Schluss derselbe Entscheid gefallen wäre, hätte er sich «einheitlich» angefühlt, da alle Argumente vor dem Entscheid mitberücksichtigt wurden. Der Entscheid fühlt sich dann durchdacht an.

Ursprung

Die Theorie von Pferd und Reiter geht auf Sigmund Freud zurück, der 1923 in seinem Essay «Das Ich und das Es» dieses Bild erstmals verwendete. Ich zitiere sinngemäss: Herrscht der Reiter über das Pferd und hält er dieses mit Gewalt zurück, erweist er dem Pferd auf die Dauer einen schlechten Dienst. Es wird früher oder später entweder rebellieren oder krank werden. Umgekehrt ist es jedoch genauso: Galoppiert das Pferd immer drauflos, heisst, geben wir immer unseren Impulsen nach, dümpelt der Reiter kopflos durchs Leben. Er hat zwar Party, Spiel und Spass, aber ohne Verstand ist er erschöpfungsgefährdet.

Dieser Text wurde 4-händig geschrieben, mit meiner Kollegin und Texterin Katrin Beer, von text-profi in Solothurn. www.text-profi.ch Die Erläuterungen dazu von Catherine Sorg.
Bild, wie üblich, von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland www.manusfactur.de

Welcher Arbeit möchte ich nachgehen? Diese Frage beschäftigt jeden Menschen, oft schon als Kind. Doch es ist für viele gar nicht so leicht, darauf eine Antwort zu finden. Mein Weg war lang und steinig, aber heute ist er von Erfolg gekrönt.

Kindheitsträume

Bereits als Kind lese und schreibe ich leidenschaftlich gern, aber daraus einen Beruf zu machen, kommt mir in jungen Jahren nicht in den Sinn. Da ist auch niemand, der mich in diese Richtung bestärkt. Vielleicht bin ich mit zwanzig Jahren während der Berufswahl auch noch nicht so weit, meine Leidenschaft effektiv umzusetzen und mir fehlt die Reife dafür. Mein Erstberuf (Ernährungsberaterin) bringt mir viel über andere Dinge bei, die später für mich wertvoll sind. Nach dem Studium lande ich in der Marketingbranche und leite Umfrageprojekte für Ernährungsprodukte.

2005 wandere ich von Deutschland in die Schweiz aus, stehe beruflich wieder am Anfang und kann nicht anknüpfen; hier läuft einfach alles anders. Hin und her überlege ich, was ich will, wohin will ich, wie meine berufliche Zukunft in der Schweiz aussehen soll. Ich studiere ein paar Semester Deutschpädagogik, aber kann die Fahrten von Solothurn nach Zürich bald nicht mehr vereinbaren mit meiner neuen jungen Familie. So belege ich einen Sekretariatslehrgang und kann mit dem Zertifikat in einem Spital unterkommen, aber hier fühle ich mich schnell unterfordert und unerfüllt.

Berufung ist ein Bumerang

Schreiben. Ich will doch kreativ schreiben und mit Sprache umgehen, nicht nur Berichte abtippen! Immer wieder kommt dieser Wunsch in mir hoch. Im Spital bin ich in einer Sackgasse und ständig innerlich damit beschäftigt, wie ich es anstellen kann, meinen Lebensunterhalt zu verdienen mit etwas, das mir Freude macht. Irgendwas mit Schreiben, mit der deutschen Sprache soll es sein. Aber was? Ich stöbere im Internet, finde einen Lehrgang für Journalismus, der gut vereinbar ist mit meinen Familienaufgaben, und durchlaufe ihn.

Das gibt mir wieder Auftrieb. Auch die Arbeit im Spital kann ich wieder fröhlicher bewältigen, weil ich einen Ausgleich gefunden habe: die Ausbildung zur Journalistin. Als diese abgeschlossen ist, stehe ich vor der Frage: Was mache ich jetzt damit?

Als freie Journalistin muss man sich erst einen Namen machen und viel Erfahrung aufweisen, um davon leben zu können. Angestellt kann ich die flexible Verfügbarkeit nicht leisten mit meinen inzwischen drei Kindern, für die ich Betreuung planen können muss. Was nun? Wieder Sackgasse. Wieder keine Perspektive. Wieder im Internet stöbern und innerlich hin und her denken. Ich bin nahe daran, das Schreiben aufzugeben.

Vor dem Sonnenaufgang ist die Nacht am dunkelsten

Als ich wirklich nicht mehr weiterweiss und sehe, dass ich allein keine Lösung finde, suche ich mir professionelle Hilfe und stosse auf Catherines Coachingangebot. Die Gespräche und Methoden führen mich zu der Frage: Kann ich es wagen, mich einfach hinzustellen mit all meinen Erfahrungen und Ausbildungen und damit tun, was ich will? Texte schreiben, Bücher lektorieren, Arbeiten korrigieren und auch Bücher selber schreiben. Ich recherchiere, wie der Markt für diese Tätigkeiten aussieht, probiere mich in den sozialen Medien aus, wende mich den Möglichkeiten zu und gebe mir die nötige Zeit. Das ist gut. Es sind lauter Schritte hin zu dem, was ich will. Step by step, mit Catherine im Rücken, gehe ich strategisch dem nach, was es braucht. Es erfordert Zeit und viel Geduld. Mit jedem Schritt gewinnt mein Vorhaben an Realität.

Es macht einfach Freude, alles für eine Arbeit zu tun, die mir gar nicht wie Arbeit vorkommt, weil ich sie so gern tue. Heute bin ich 50 Jahre alt und arbeite selbständig als Lektorin, Texterin, Korrektorin und Autorin. Mein Schreibbüro ist noch im Anfangsstadium, aber die stetig wachsende Anzahl an Aufträgen und die Freude an dieser Arbeit bestätigen mir, dass sich der lange Weg gelohnt hat.

Freude am Beruf

Wo liegt der Haken, dass viele Menschen ihre Arbeit nur um des Geldes willen tun? In unserem Umfeld, in Schule und Gesellschaft liegt der Fokus vor allem auf dem Geldverdienen, das ist häufig das Hauptkriterium bei der Berufswahl und es ist auch wichtig. Aber für ein glückliches und erfolgreiches (Berufs-)Leben ist es von enormer Bedeutung, dass die viele Zeit, die wir damit verbringen, keine reine Pflichtausübung ist, die uns möglicherweise gar nicht liegt. Ich denke, der Schlüssel für eine erfüllende Arbeit ist einerseits, die gegebenen Umstände richtig für sich zu nutzen, und andererseits der Glaube an sich selbst. Diese beiden Aspekte können wir miteinander kombinieren. Und wir können es wichtig nehmen, dass unsere Arbeit uns interessiert und mit Freude erfüllt.

Was hat Karin zum Erfolg gebracht?
Beruf, Berufung

Als erstes hat sie das Schreiben an sich nie verworfen. Im Gegenteil hat sie es immer einen Teil ihres Lebens sein lassen und es durfte wachsen. Schon als Kind schrieb sie gern, aber es war ihr damals nicht bewusst, dass daraus ein Beruf werden könnte. Zudem sieht es so aus, als wäre es damals dafür noch zu früh gewesen. In den weiteren Etappen ihres Lebens tauchte das Schreiben immer wieder auf, immer etwas stärker als das Mal zuvor, bis sie soweit war, die journalistische Ausbildung zu absolvieren. Das Schreiben gewann an Legitimität.

Als Karin zu mir ins Coaching kam, hatte sie die Ausbildung bereits abgeschlossen. Sie steckte in einer Phase des Zweifels. Macht es überhaupt Sinn, dem Schreiben einen beruflichen Raum zu geben? Werde ich davon leben können? Gemeinsam tasteten wir uns vor bis zu dem Punkt, wo sie eine klare berufliche Perspektive vor sich sah und wusste, wie es weitergehen sollte. Sie ging Schritt für Schritt bis zur nötigen Sicherheit, dass die erarbeitete Vision keine Illusion ist. Das ermöglichte ihr, das Schreiben, ihre Berufung, ins Zentrum ihres Berufslebens zu rücken.

Eine aussagekräftige Zahl

Beruf kommt von Berufung. Es wurde festgestellt, dass nur 5 % der Bevölkerung in unserer Gesellschaft ihre Berufung ausleben. Das heisst, 95 % von uns, ich gehöre auch dazu, dürfen sich, um sie zu entdecken, auf den Weg machen.

Den richtigen Beruf finden 

  1. Wenn wir uns mit Neuorientierung beschäftigen, ist dies ein Zeichen, dass wir mit unserer aktuellen Arbeitswelt in irgendeiner Form unzufrieden sind; darin „festzusitzen“, erschwert die Neuorientierung.
  1. Entdecken Sie sich wieder, so wie Sie heute sind, ganz neutral und unabhängig von Ihrer Arbeitssituation. Dabei sind gewisse Fragen hilfreich: Wofür lohnt es sich, an einem freien Tag den Wecker zu stellen? Was macht Sie stolz in Ihrem Leben? Wo setzen Sie Ihre Energie gerne ein und wo „schwindet“ sie? Tauchen Sie in jede Frage ein und werden Sie sich bewusst darüber, was dahintersteckt. Warum zeigt dieser oder jener Punkt so eine Wirkung in Ihrem Leben? Was ist sein Kern? Was macht ihn so wichtig?
  1. Mit diesen Kriterien ist es nun viel einfacher, entweder die Berufsrichtung zu definieren oder die Berufsidee, die im Raum steht, zu überprüfen. Auch werden Sie zu diesem Zeitpunkt genau wissen, auf was Sie achten müssen, welches Umfeld für Sie das Richtige ist, in welcher Form Sie dem Beruf nachgehen sollen, so dass dieser Sie auch nachhaltig erfüllen kann.
  1. Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass es nicht ganz einfach ist, Punkt 2 alleine zu reflektieren. Lassen Sie sich dabei helfen. Gehen Sie den Weg zu zweit mit einem gutgesinnten Freund oder einem Coach, der Ihnen hilft, dem Kern auf den Grund zu gehen.

Dieser Text wurde 4-händig geschrieben, den Part „Wie ich meine Berufung doch noch zum Beruf machte“ wurde von meiner Kollegin, Kundin und Texterin Karin Engelkamp von Textengel in Solothurn verfasst www.textengel.ch Die Erläuterungen dazu von Catherine Sorg.
Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell dazu erstellt www.manusfactur.de

04.00 Uhr – verschlafen stellt Rita ihren Wecker ab und denkt: «Nur noch 134-mal so früh aufstehen – danach kann ich endlich das tun, was ich möchte.» Dieser Gedanke beflügelt sie. Schon fast beschwingt steht sie unter die Dusche, zieht sich an und geht aus dem Haus. Rita ist für die Frühzustellung einer regionalen Zeitung zuständig – und wird in ein paar Monaten pensioniert. Ursprünglich hat sie Damenschneiderin gelernt. Als ihr Mann sie verliess, musste sie sich einen Job suchen, den sie mit der Kinderbetreuung vereinbaren konnte. So kam sie zur Frühzustellung. An und für sich wollte sie das nur vorübergehend tun – und blieb schliesslich 35 Jahre lang. Als Kind träumte Rita immer von der Bühne. Vom Theater. Vom Berühmtsein. Ihre Eltern liessen dies jedoch nicht zu: Sie sollte etwas Richtiges lernen.

Während Rita von Briefkasten zu Briefkasten fährt und die Zeitungen einwirft, denkt sie über das «Endlich tun, was ich möchte» nach. Wie so oft in den letzten Tagen. Sie ist auch ein wenig entmutigt. Der Zug mit dem Schauspielern ist doch längst abgefahren.

Träume werden wieder wach

Zurück im Medienhaus trinkt sie einen Kaffee. Wie immer ist sie mit ihrer Tour schneller fertig als ihre etwas jüngere Kollegin Ruth. Während sie wartet, blättert sie eine alte Zeitung durch und stösst auf ein Inserat: «Seniorenbühne sucht Laien-Schauspielerinnen». Sofort ist der Wunsch, auf der Bühne zu stehen, wieder da. Aber Seniorenbühne? Hm, nicht gerade das, wovon Rita als junges Mädchen geträumt hat…

Als sie gemeinsam mit Ruth an ihren Wohnort zurückfährt, erzählt sie ihr vom Inserat. Und auch davon, dass es eh nichts sei: «Ich wollte immer auf einer grossen Bühne stehen, aber doch nicht in einer Seniorengruppe.» Ruth aber ist begeistert – denn sie hat Rita anlässlich einer Familienfeier schon Sketche spielen sehen – und zwar richtig gut. Ruth lässt nicht locker und ermutigt Rita: «Ach, geh doch mal hin, du kannst ja immer noch abspringen. Es ist nur ein Informationsabend.»

Die Wünsche der Realität anpassen…

An den folgenden Tagen denkt Rita immer wieder über die Seniorenbühne nach. Sie ist hin- und hergerissen: Einerseits enttäuscht, dass sie nicht Schauspielerin werden durfte, andererseits verspürt sie auch Lust, als Pensionierte endlich tun zu dürfen, was sie schon immer wollte. Und immer wieder denkt sie über Ruths Worte nach: «…du kannst ja immer noch abspringen…»

«Begleitest du mich zum Infoabend?», fragt Rita Ruth eines Tages. Ruth nickt und freut sich für Rita. Am Infoabend wird bereits Improvisationstheater gespielt – und Rita ist sofort in ihrem Element. Das entgeht auch der Regisseurin nicht. Sie sieht Ritas ausserordentliches Talent und verspricht ihr die Hauptrolle im nächsten Theaterstück. Rita sagt sofort zu.

…und den Traum doch noch leben

200 Tage später: Rita ist inzwischen pensioniert. Sie sitzt am Frühstückstisch und liest die Zeitung, die ihr eine Frühzustellerin in den Briefkasten gelegt hat. Noch immer steht sie früh auf. Heute aber besonders früh. Denn heute wird die Premiere ihrer Vorstellung in der Zeitung besprochen. Als Rita den Artikel findet, ringt sie nach Luft: Zu sehen ist – wohlgemerkt in Grossformat – ein Bild mit ihr drauf – und auch die Kritik fällt wohlwollend aus. Rita wird sogar noch speziell erwähnt. «Wow, denkt sie sich», doch dann klingelt bereits ihr Handy. Es ist Ruth, die den Artikel auch gelesen hat und auf dem Heimweg ist. Sie will mit Rita einen Kaffee trinken, um den Erfolg zu feiern – übrigens nicht der einzige…

Schauen wir doch mal, was Rita zum Erfolg gebracht hat

Als Erstes hat sie zugelassen, dass ein alter Traum wieder hochkommen durfte. Auch wenn sie anfänglich die Idee immer wieder verworfen hat, hat sie mit Freundin Ruth darüber gesprochen. Das ist ein wichtiger Schritt, denn DER Traum kommt so in die reale Welt, er bleibt nicht nur ein virtueller Gedanke, er wird zu einer möglichen Realität. Zudem bestätigt die Freundin das Potential, ermutigt sie auch und unterstützt sie auf ihrem Weg. Wäre Rita alleine mit ihrem Traum geblieben und hätte ihn nie ausgesprochen, wäre sie vermutlich nie dem Artikel in der Zeitung nachgegangen.

Möchten Sie wie Rita Ihre Pensionierung freudig erleben und sagen können, pensioniert sein ist lässig, ich lebe endlich mein Leben?

Dann gebe ich Ihnen ein paar Tricks mit auf den Weg

1. Fragen Sie sich, was Sie schon immer einmal machen wollten?
Lassen Sie dabei keinen Wunsch, keine Idee aus. In dieser Phase haben Beurteilungen wie «Ich bin zu alt» oder «Das ist nichts mehr für mich» keinen Platz.

2. Nun schauen Sie sich jeden Punkt der Liste genauer an. Was ist es beim Gleitschirmspringen, das mich anzieht? Warum wollte ich es schon immer tun? So gehen Sie jeden Punkt durch und schreiben alle Merkmale auf ein Blatt.

3. Schauen Sie nun, ob sich ein roter Faden ergibt und worum es denn genau in diesen Wünschen geht. Was ist es, was genau ausgelebt werden will?

4. Wenn Sie wissen, worum es geht, fragen Sie sich, wie Sie dieses Bedürfnis am besten erfüllen können. Was brauche ich, wo finde ich es und wie komme ich dorthin? In dieser Phase können Sie im Internet nach Angeboten suchen oder Menschen fragen, die Ihnen dazu verhelfen können. Fragen Sie bitte nur Menschen, die offen sind und Ihnen gönnen, dass Sie sich verwirklichen möchten.

5. Und dann? Nichts wie los, wagen Sie den Schritt: Heute ist es nicht zu spät, denn genau jetzt ist die Zeit dazu da.

Dieser Text wurde 4-händig geschrieben, den Part der wahren Geschichte von Rita, wurde von meiner Kollegin und Texterin Katrin Beer, von Text-Profi in Solothurn verfasst. www.text-profi.ch Die Erläuterungen dazu von Catherine Sorg.
Bild von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland www.manusfactur.de

Ist es ihnen auch schon passiert, dass Sie Ja gesagt haben, obwohl Sie lieber Nein gesagt hätten? Kennen Sie das Gefühl, etwas tun zu müssen, um es anderen recht zu machen oder haben Sie sich zu etwas überreden lassen, wozu Sie eigentlich keine Lust hatten? Sie denken Nein und sagen ja?

Es gibt natürlich manchmal Situationen, die wir anfänglich wiederwillig tun, wozu wir uns überreden lassen und die uns dann doch Spass machen. Willst du das wirklich nicht ausprobieren, einfach einmal um zu wissen wie es sich anfühlt? Bei diesem Ja, haben wir dann eine neue Erfahrung gewonnen und unser Leben bereichert. Dieses Ja ist ein mutiges Ja.

Wenn dem aber nicht so ist, dann stellt sich die Frage: was für ein Ja habe ich denn ausgesprochen? Fühlt es sich ungut an, dann frage ich mich, wie ich aus der jeweiligen Situation wieder herauskomme oder denke ich, das will ich das nächste Mal aber wirklich nicht mehr. Eventuell ahne ich dann auch, dass ich es trotzdem wieder tun werde oder ich meine, das muss doch so sein. -Auch mein Gefühl suggeriert mir, ich konnte nicht anders. Wenn das eine oder andere zutrifft, dann gilt es das gesagte Ja zu überprüfen.

Warum denn ein JA, wenn ich NEIN sagen will?

Ist es das unangenehme Gefühl eines Konfliktes, dem man sich bequem entziehen wollte und daher lieber Ja dazu sagte, damit man seine Ruhe hat und die Harmonie nicht gestört wird? Aber wo bleibt dann die innere Harmonie? Erzeugt das nicht ein Gefühl der Wut oder der Enttäuschung auf sich selber? Nach aussen sieht alles gut und ausgeglichen aus – aber wie sieht es in uns drin aus? Kann ich mich noch leiden, wenn ich mich und meine Bedürfnisse immer wieder verleugne und es mir dabei immer schlechter geht?

Weil wir als Kinder einmal die Erfahrung gemacht haben, dass wir nur gemocht werden, wenn wir uns anstrengen, noch besser oder braver oder angepasster sind. Jeder von uns hat seine eigene Überlebensstrategie in der Kindheit entwickelt. Über diese Verhaltensweisen haben wir es geschafft zu „überleben“ und versuchen es heute immer noch zu schaffen. Aber das ungewollte Ja sagen ist manchmal unglaublich anstrengend – so als ob wir jeden Tag einen schweren Rucksack auf dem Rücken mitschleppen müssten, in dem bleischwer Ängste hocken. Die Auswirkungen davon sind vielfältig: Existenzangst, Verlust des Ansehens, der Anerkennung und der Liebe, die Gesundheit oder letztendlich sogar des Lebens.

Ich bin so, es geht nicht anders, ich bin ein Ja-Sager-Typ; wird manchmal argumentiert. Ja sagen ist keine Charakterfrage im Sinne der Genetik, wir sind nicht genetisch veranlagt, ein Ja-Sager-Typ zu sein. Es hat damit zu tun, dass wir immer wieder in das gleiche Muster hineinfallen. Dieses Muster haben wir uns angeeignet, entweder haben wir es kreiert oder es wurde uns vorgelebt und wir haben es übernommen, in beiden Fällen haben wir es uns aus eigener Kraft erschaffen. Somit bin ich verantwortlich für mein Ja und habe es aus eigenen Stücken aufgebaut. Dies ist eine gute Nachricht, denn wenn ich es aufgebaut habe, dann kann ich es ja auch wieder ändern oder etwas daran anpassen. Nein sagen ist also lernbar!

JA zu sagen, wenn ich NEIN denke, birgt Risiken in sich

Und noch eine Frage stellt sich: wie glaubwürdig bin ich gegenüber den anderen, wenn sie von mir immer ein Ja erwarten dürfen, welchen Wert hat denn noch mein Ja? Mache ich mich damit nicht zum Mitläufer, den keiner mehr recht ernstnehmen kann, der sich immer fügt und nicht Stellung nehmen kann? Werde ich damit nicht Spielball von potentiellen Ausnutzern oder gar transparent und nicht mehr miteinbezogen?

Ein Ja etwas zu tun, was ich nicht will birgt also rechte Risiken in sich für mein Wohlbefinden sowie auf mein Wirken. Ein glückliches Leben wünschen wir uns doch alle sehnlichst. Warum also tun wir häufig Dinge, die ein solches verhindern? Warum stellen wir unsere eigenen Bedürfnisse in den Schatten, um etwas zu tun, was andere von uns verlangen?

Wie sieht aber nun die Lösung aus?

Die Frage was kann ich anders machen, ist oft nicht so einfach zu beantworten, besonders im beruflichen und existentiellen Umfeld dürfte es oft schwerfallen, sich gegen Anweisungen von oben zu wiedersetzen und damit als Querulant zu gelten. Auch wenn wir immer Ja zu etwas gesagt haben, plötzlich ein Nein zuzugeben, kann auch schwierig erscheinen. Oftmals ist es aber auch so, dass wir zu einem bestimmten Thema unser eigenes Bedürfnis nicht genau kennen. Daraus kann sich ein zu schnelles Ja ergeben und schon tun wir etwas, was sich dann währenddessen wir es tun als nicht richtig für uns entpuppt.

Wir müssen die Gewohnheit des Ja-Sagens umformen und den Mut aufbauen, Nein zu sagen. Da dies oftmals mit Unverständnis und Wiederwehr begleitet ist, sollten wir die Eigenschaft der Konfliktfähigkeit stärken, um standhaft bei unserer Meinung und unserem Bedürfnis bleiben zu können. Wichtig ist sicher auch, sich selber Bedenkzeit zu geben und diese auch nach aussen zu kommunizieren: erst einmal innehalten, durchatmen und nachsinnieren, was ich wirklich will (oder nicht will) und dann Zugeständnisse machen (oder eben auch nicht). Dies bedingt, dass ich mir und meiner Bedürfnisse bewusst bin und für mich genau abgrenzen kann, wozu ich bereit bin und wozu nicht.

Übung macht den Meister.

Es gibt verschiedene Arten Nein zu sagen, ausprobieren, experimentieren, kleine Schritte wagen, mit für uns wichtigen oder eher leichten Sachen anfangen. Zu Hause vor dem Spiegel üben, Bücher über das Thema lesen oder sich Hilfe holen bei Freunden oder Experten. Alles ist erlaubt, wenn es nur hilft den Schritt zum Nein zu wagen. In der Praxis sind die ersten Nein, wenn sie dann ausgesprochen sind, gar nicht so schlimm, weder war es schwierig, noch hat das Vis-à-vis negativ reagiert – oftmals kommt ein Nein sogar besser an, als ein Ja, da wir uns als zentrierte Person präsentieren können und damit auch ernst genommen werden. Erst wenn wir erkennen, dass wir durch ein Nein nichts verlieren, können wir uns entspannen und das Leben wieder geniessen. Eine solche Erkenntnis kann wie ein Blitz einschlagen aber auch langsam heranreifen. Tatsache ist, dass das Leben in seiner ganzen Vielfalt wie ein heilender Fluss durch uns hindurchströmen wird. Dieser Fluss wird auch ein paar Steine aus unserem Rucksack entleeren, somit wird uns eine Angst von den Schultern genommen, was unendliche Erleichterung und neue Lebensqualität beschert.

Der Weg zum Nein
nein sagen
• Gehen Sie in sich und schauen Sie was Sie wirklich wollen
• Eruieren Sie welches Bedürfnis dahinter steckt
• Entscheiden Sie wie Sie Ihr Nein formulieren werden
• Falls Sie das Nein argumentieren wollen, dann aus Ihrer Sicht
• Formulieren Sie es in der Ich-Form
• üben sie Mental oder vor dem Spiegel Nein zu sagen
• Sprechen Sie das Nein aus
• Stehen Sie zu sich und zu Ihrem Nein
• Geniessen Sie ihre neue Erkenntnis und belohnen Sie sich dafür

Text 4-händig verfasst mit meiner Freundin Verena Zellweger, Ayurveda Komplementär Therapeutin in Langnau www.ayurveda-samadosha.ch und mir Catherine Sorg.
Bild von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland www.manusfactur.de