Über die Hälfte der Schweizer Arbeitnehmenden möchte eine neue Stelle antreten oder kann sich zumindest vorstellen, den Job zu wechseln. Das zeigt eine Studie im Auftrag des Online-Netzwerks XING. Auslöser ist bei vielen die Corona-Pandemie.

Interview geführt durch Olivia Folly für die Solothurner Zeitung mit Catherine Sorg aus Zuchwil.

Catherine Sorg, Sie begleiten Menschen, die sich beruflich neuorientieren wollen. Wie haben Sie das die vergangenen zwei Jahre in Ihrem Coaching erlebt?

Was ich feststelle ist, dass sich durch die Pandemie die Gründe für den Wunsch nach einer beruflichen Neuorientierung verändert haben. Viele fingen an, Dinge anders zu gewichten, anders hinzuschauen oder genauer hinzuschauen. Der Lock down und das Homeoffice trugen dazu bei, dass viele Menschen Zeit fanden, um sich zu reflektieren. Und es kamen Dinge unter anderem im Berufsumfeld zum Vorschein, die ihnen ohne die Pandemie vielleicht gar nicht aufgefallen wären.

Können Sie Beispiele nennen?

Interview Neuorientierung

Interview Neuorientierung

Zum Beispiel, wie solide ein Team ist. Vorher ging man vielleicht immer gern arbeiten und dachte, man hätte ein gutes Team. Allein im Homeoffice merkte man dann aber, dass das Team nur gut funktioniert, wenn man sich physisch sieht. Oder es wurde auffällig, dass der Chef oder die Chefin ihre Funktion nicht richtig wahrnimmt. Man kam sich, im Homeoffice am Bürotisch, auf sich allein gestellt vor ohne Rückendeckung. Andere bemerkten, dass ihnen ihr Job eigentlich überhaupt keinen Spass macht und sie nur wegen des guten Teams gerne arbeiten gingen. Es sind solche Dinge, die in der Pandemie verstärkt zum Vorschein kamen.

Können sich die Menschen heute eher vorstellen beruflich neue Wege einzuschlagen als früher?

Ja, die Sinneshinterfragung ist heute stärker als zu der Zeit vor der Pandemie. War man früher unzufrieden in seinem Job, wechselte man den Arbeitgeber und blieb häufig in der gleichen Funktion tätig. In der Pandemie hatten die Menschen aber mehr Zeit, um darüber nachzudenken, was sie wirklich wollen. Man konnte nicht in die Ferien, keine Weiterbildung machen und keine Freunde treffen. Also stellte man sich ins Zentrum und hinterfragte seine Situation. Grundfragen zur möglichen Zufriedenheitsursache kamen hoch.

Viele möchten sich beruflich verändern, wissen aber nicht, was sie tun könnten. Wie arbeiten Sie mit diesen Leuten?

In meinem Coaching «Berufsfindung mit Sinn» geht es darum herauszufinden, welcher Beruf wirklich zu einem passt. Unabhängig davon, was man bisher beruflich gemacht hat. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Gemeinsam schauen wir dann, was der Beruf alles enthalten muss, damit man nachhaltig glücklich wird und eine Sinnhaftigkeit darin erlebt. Als Ziel soll ein Beruf angestrebt werden, der langfristig Erfüllung bringt und indem man gerne Leistung erbringt. Manchmal braucht es dann eine Weiterbildung oder eine neue Ausbildung.

Das klingt gut, aber ab einem gewissen Alter, hat man vielleicht eine Familie zu versorgen oder andere Verpflichtungen.

Das wird in den Prozess miteinbezogen. Ein Beispiel: Jemand möchte Meeresbiologe werden, ist aber an einen Wohnort in der Schweiz gebunden. Dann wird es schwierig, als Meeresbiologe in Spanien zu arbeiten. Aber vielleicht gibt es eine andere Form dieses Berufes, welcher in der Schweiz möglich ist. Zum Beispiel eine Forschungsarbeit in unseren einheimischen Seen und Flüssen. In meinem Coaching werden alle Bedingungen wie Puzzle-Teile mit einbezogen, welche erfüllt sein müssen. Wenn jemand 20 ist, dann sind die Bedingungen anders als im Alter von 40 oder 50+. Dann will er oder sie möglicherweise keine neue Ausbildung mehr machen. Aber dann gibt es vielleicht die Möglichkeit eine Weiterbildung mit einem Quereinstieg zu kombinieren. In der Schweiz haben wir glücklicherweise ein Ausbildungs- und Weiterbildungssystem, das sehr gut aufgestellt ist. Wir haben immer ganz viele verschiedene Möglichkeiten, um an ein Ziel zu kommen.

Interview geführt durch Olivia Folly mit Catherine Sorg aus Zuchwil am 9. April 2022 in der Solothurner Zeitung erschienen. Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell zu den Interviews Neuorientierung durch die Pandemie erstellt www.manusfactur.de

Radio32 hat mich im Januar 2022 über Neuorientierung interviewt. Sie wollten wissen wieso Menschen sich neu orientieren wollen, warum das Home-Office diesen Wunsch beschleunigt und wie ich es mit meinen Kunden bei Catherine Sorg-Coaching angehe. Sie können hier das Interview in zwei Teilen gerne anhören.       

 

Interview Neuorientierung

Homeoffice und Neuorientierung

 

Berufsfindung mit Sinn
bei Catherine Sorg-Coaching   

 

Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell dazu erstellt    www.manusfactur.de

Seit gestern Abend gilt ein internationaler Gesundheitsnotstand, ausgerufen von der Weltgesundheitsorganisation, wegen des neuartigen Corona-Virus„, sagt der Tagesschau-Sprecher, als ich mit meiner zwölfjährigen Tochter Amélie an einem Abend Ende Januar die Nachrichten schaue.
Plötzlich laufen Amélie Tränen die Wangen hinunter: „Ich will den Virus nicht kriegen!“ sagt sie weinend. Ich beruhige sie und sage, dass der Virus für gesunde Kinder nicht schlimm ist.
„Aber du und Papa sollt auch nicht krank werden!“ Auch da kann ich sie beruhigen: Wir gehören beide nicht zur Risikogruppe.

Dass der Virus unser aller Leben trotzdem gehörig auf den Kopf stellen wird, wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht. Das Schul-Skilager – Amélies letztes in der Primarschule – wird abgesagt, die Schulen schliessen, vom Bundesamt wird ein Versammlungsverbot ausgesprochen und wir können nicht nach Deutschland reisen, wo wir Freunde besuchen wollten.

Nicht nur Amélie bekam Angst, als sie gewahr wurde, dass auch wir in der Schweiz von diesem Virus und all seinen Folgeerscheinungen betroffen sind. Seitdem ist die globale Krise in aller Munde und die gesamte Menschheit ist davon betroffen. Menschenleere Strassen und Plätze, ganze Landstriche und Stadtgebiete sind wie ausgestorben. Die Wirtschaft ist stark in Mitleidenschaft gezogen, viele Menschen haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder bankrott zu gehen. Dieser kleine Virus – man kann ihn nicht einmal unter einem normalen Mikroskop sehen – stellt alles auf den Kopf und verbreitet sich in Windeseile.

Was macht der Notstand mit uns?

Die neue Situation löst bei vielen Menschen eine Menge Ängste aus – das eigene Leben oder die Liebsten zu verlieren, die Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können, nicht mehr genug zu essen zu haben, und dass sich das gewohnte Leben gravierend verändert. Existenzängste entstehen. Diese tragen wir latent immer in uns. Nun kommen sie an die Oberfläche und rufen unterschiedliche Reaktionen hervor. Manche hamstern Lebensmittel und wagen sich nicht mehr vor die Tür. Andere prahlen lauthals, sie seien nicht betroffen. Wieder andere bringen alten Menschen die Mahlzeiten nach Hause oder helfen in Spitälern aus.

Was nährt unsere Angst?

Es ist eine komplizierte Zeit, so viele verschiedene Informationen prasseln auf uns ein. Die Meinungen gehen stark auseinander. Es ist alles da: Politiker, die versuchen ihr Bestes zu geben trotz der Unsicherheit, was richtig ist und was nicht; Wissenschaftler, die sich nicht einig sind ; Verschwörungstheoretiker, die haarsträubende Szenarien und Ursachen verbreiten; Medien, die möglichst zeitnah und wahrheitsgetreu berichten wollen, aber nicht immer davor gefeit sind, nicht dramatisch zu wirken. Es gibt sogar Menschen, die behaupten, diese Zeit sei eine wunderbare Chance! Wem dürfen wir glauben? Wer hat Recht?

Was unterscheidet diese Situation von anderen?

Zu jedem Thema bestehen die unterschiedlichsten Diskrepanzen. Zum Beispiel beim Klimawandel gibt es zahlreiche konträre Aussagen und die Gefahr scheint ebenso gross, aber das löst weder Hamsterkäufe noch so viele Solidaritätsbewegungen aus. Die Medien berichteten laufend über den Klimawandel, aber seit sich der Corona-Virus von China aus über die ganze Welt ausbreitet und auch hier in der Schweiz grassiert, haben die Medien kein anderes Thema mehr. Die Tagesschau berichtet nur noch darüber und jeden Abend laufen Sondersendungen im Fernsehen.

Die Corona-Krise betrifft jeden von uns unmittelbar. Wir alle sind von den offiziellen Vorsichtsmassnahmen stark betroffen. Selbst wenn man niemanden kennt, der an dem Virus erkrankt ist, besteht die Möglichkeit, dass man sich selbst infiziert oder es an jemanden im Umfeld weitergibt. Wir werden daran erinnert, dass wir sterblich sind.

Wozu dient die Angst?

Angst muss sein. Hätten wir keine Angst, würden wir die Autobahn überqueren, ohne nach rechts und links zu schauen. Angst gehört zur menschlichen Grundausstattung. Sie hilft uns zu überleben, indem sie uns zu Sorgfalt und Besonnenheit mahnt. Angst lässt sich zwar bewusst unterdrücken, aber ist dann trotzdem noch da und wirkt aus dem Unterbewusstsein. Dann sorgt sie für viele Gedanken, Überreaktionen und äussert sich durch zitternde Knie, Hände und Stimme, Herzrasen, beschleunigte Atmung, flauer Magen, Durchfall, Schwitzen, Schwindel, Panik, Gefühl der Hilflosigkeit, Konzentrationsschwäche, Blackout, Schlaflosigkeit oder Depression.

Sie haben die Wahl

Vielleicht haben Sie in den letzten Wochen eines dieser Symptome erlebt?
Wenn die Angst Sie vorsichtig sein lässt und Sie besonnen damit umgehen können, ist alles gut. Wenn die Angstgefühle jedoch mit Ihnen «machen», was sie wollen, und Sie sich den Symptomen ausgeliefert fühlen, ist es Zeit, etwas daran zu ändern. Jeder von uns ist dazu in der Lage, sie in den Griff zu bekommen, sodass sie uns nicht mehr beherrscht. Auch Sie können Ihre Angst bewältigen. Sie haben es in der Hand, diesen Gefühlen ihren richtigen Platz zuzuweisen und wieder Fuss zu fassen.

Angst, Corona

Was können Sie tun?

Wir folgen den Auflagen des Bundes: sich genügend die Hände waschen, Social Distancing wahren, Menschenansammlungen meiden. Das gibt schon mal eine gewisse Sicherheit. Damit zeigen wir Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein.

Wie können Sie mit dieser Situation umgehen und einen klaren Kopf bewahren, ohne sich von den kollektiven Ängsten anstecken oder den eigenen Befürchtungen überwältigen zu lassen? Hier ein paar Anregungen, die Ihnen helfen können, sich proaktiv mit der neuen Situation zu versöhnen:

  1. Beobachten und überprüfen Sie, wie oft Sie am Tag über Corona lesen, aktiv auf Social Media sind und sich von den verschiedenen Informationen verwirren lassen. Sich zu informieren ist wichtig, sich bombardieren zu lassen, ist aber unnötig. Legen Sie fest, wie oft und wo Sie pro Tag aktiv Ausschau nach Informationen halten wollen und bei wem. Wenn Sie Statistiken lesen, kehren Sie die Zahlen um und rechnen Sie aus, wie viele Menschen überleben.

  2. Stellen Sie Menschen, die über nichts anderes mehr sprechen, auf «Snooze». In den sozialen Medien ist das einfach, Sie können sie vorübergehend ignorieren oder sogar deabonnieren. Im direkten Kontakt bitten Sie Ihr Gegenüber freundlich darum, über etwas anderes zu sprechen, und wechseln von sich aus zu anderen Themen. Dies kann auch auf die andere Person erleichternd wirken und diese zumindest für einen Moment ablenken.

  3. Suchen Sie Kontakt zu Menschen, die konstruktiv- und lösungsorientiert denken. Wer von Ihren Bekannten sucht Ideen? Wer hat eine positive Grundeinstellung? Wer versucht, das Beste aus der Situation zu machen? Wer zeigt sich innovativ? Wer lacht noch? Treten Sie in Kontakt mit Menschen, die Ihnen guttun, und bald bringen auch Sie eine positive Stimmung in das Zusammensein und bereichern die gemeinsamen Gespräche.

  4. Fassen Sie Mut und suchen Sie die Verbindung mit Menschen, von denen Sie vielleicht schon länger nichts mehr gehört haben. Auch neue Bekanntschaften können über die Ferne intensiviert werden. Verbinden Sie sich mit Menschen, die Sie mögen. Seien Sie erfinderisch in der Kontaktaufnahme. Hatten Sie noch nie eine Videokonferenz? Dann ist jetzt der richtige Moment es auszuprobieren.

  5. Gehören Sie zu denen, die nicht arbeiten? Dann überlassen Sie Ihre Gedanken nicht der Langenweile oder der Berieselung durch die Medien. Erstellen Sie eine Liste von den Dingen, die Sie schon immer einmal machen wollten, und überprüfen Sie, was davon zurzeit möglich ist. Vielleicht wollten Sie schon immer eine neue Sprache lernen oder einen Yoga-Kurs besuchen? Beides ist jetzt virtuell ganz leicht direkt von zu Hause aus möglich.

  6. Arbeiten Sie? Dann tun Sie sich etwas Gutes – sowohl zwischendurch am Tag als auch am Abend. Sie können sich nach der Arbeit mit ausgesuchten Menschen über Videokonferenz treffen, austauschen und sogar miteinander anstossen. Bleiben Sie nicht allein oder ausschliesslich in Ihren vier Wänden. Ein Waldspaziergang kann Wunder wirken, das Social Distancing dabei nicht vergessen.

  7. Vor dem Einschlafen seien Sie dankbar für das was Sie haben. Fokussieren Sie sich auf alles, was an diesem Tag erfreulich war. So nehmen Sie wirkungsvoll Einfluss auf Ihre Zufriedenheit, Ihr Körper wird sich beruhigen, Ihr Geist kann sich entspannen, der Schlaf kann erholsam werden.

  8. Ganz wichtig: Fokussieren Sie sich auf das, was Sie wollen, und visualisieren Sie es. Wenn Sie permanent mit düsteren Gedanken beschäftigt sind, fehlt der Kontakt mit dem, was Ihnen am Herzen liegt. Deshalb wenden Sie sich bewusst den Dingen zu, die Sie als Absicht in sich tragen, zum Beispiel über ein Thema informieren, das Sie interessiert, oder eine Fortbildung anstreben. Diejenigen, die im Mentaltraining waren, können sich an die Geschichte des Blauen Papageis erinnern.

Dieser Text wurde 4-händig geschrieben, die Startgeschichte stammt von meiner Kollegin, Kundin und Texterin Karin Engelkamp von Textengel in Solothurn.  www.textengel.ch Die Erläuterungen dazu von Catherine Sorg.
Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell dazu erstellt www.manusfactur.de

„Du kommst aber spät“, beschwert sich Astrid, als ihre Mutter Martina an den Tisch im Café geeilt kommt, an dem Astrid sitzt und seit einer viertel Stunde wartet.
„Tut mir leid! Ich war noch bei der Physiotherapie und es hat etwas länger gedauert“, entschuldigt sich Martina ausser Atem.
„Wieso gehst du denn zur Therapie?“, fragt Astrid.
„Mir tut neuerdings das Knie so weh“, erwidert Martina. „Der Arzt sagt, das sei relativ normal in meinem Alter, dass die Gelenke beginnen, dauerhaft zu schmerzen. Ansonsten bin ich aber noch sehr fit mit meinen sechzig Jahre, meint er. Trotzdem gehört es wohl zum Altwerden dazu.“
„Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, alt zu werden“, sagt Astrid, die vor ein paar Wochen dreissig geworden ist.
„Das ging mir früher auch so“, sagt Martina. „Aber es hat auch seine Vorteile. Wenn ich sehe, wieviel du zu tun hast mit deinen zwei Rabauken und nebenbei noch arbeiten gehst – da ist mein Leben inzwischen doch ruhiger geworden, seit du und deine Geschwister aus dem Haus seid.“
„Du kommst mir noch sehr vital vor“, meint Astrid.
„Danke, ich fühle mich auch gut.“ Martina freut sich über das Kompliment ihrer Tochter. „Viele sagen ja, früher sei alles besser gewesen, aber ich möchte mich nicht nur an die Vergangenheit hängen, sondern jetzt leben und das Beste daraus machen.“
„Eine gute Einstellung, finde ich“, entgegnet Astrid. „Daran möchte ich mich auch halten.“

Wie Karin das Älterwerden erlebt …

Das Alter – In jungen Jahren erscheint es so weit weg, als würde es nie kommen. Und plötzlich ist es da! Ich empfinde das Älterwerden wie zwei Gegenbewegungen. Der Körper zeigt eindeutig, wie die Zeit verrinnt. Die Haut zeigt immer mehr Falten, die Haare werden grau, plötzlich muss eine Lesebrille her und die Knie schmerzen nach längerem Sitzen. Gleichzeitig aber geniesse ich heute jeden Sonnenuntergang, erfreue mich an einem Waldspaziergang und habe mit Kindern viel mehr Geduld als damals, als meine noch klein waren. Äusserlichkeiten verlieren an Wichtigkeit, Freundschaften werden hingegen wichtiger. Ich muss nicht mehr aus allem einen Konflikt machen, sondern kann die Dinge nehmen, wie sie sind.

Dennoch sind gerade für Frauen die Wechseljahre kein Kinderspiel. Hitzewellen und Stimmungsschwankungen müssen ausgehalten werden und noch so manche andere Symptome. Überhaupt sind die Gesundheit und das Wohlbefinden nicht mehr so geschenkt wie früher – ich bin anfälliger geworden. Gleichzeitig fühle ich mich auf der Höhe meiner geistigen Kraft, vermutlich weil Erfahrung und Gelassenheit ein Gegengewicht bilden.

Wie es Catherine mit dem Älterwerden geht …

Das geht mir auch so. In jungen Jahren erwiderte ich jedem Menschen, der sich über sein Altwerden beklagte, egal in welchem Alter er war: «Du bist doch noch jung!» Ich empfand es tief in mir tatsächlich so. Als ich selbst dreissig wurde, fühlte ich mich voll in meiner Kraft und mit vierzig trotz schwieriger Lebensumstände immer noch. Diese Umstände und meine Ausbildungen brachten mich dazu, einen Selbstprozess anzugehen. Es war ein steiler, happiger Weg, der sich gelohnt hat. Mit fünfzig fühlte ich mich innerlich so zufrieden, dass ich mich so richtig im Leben angekommen fühlte, voll in meiner Kraft stand. Diese neue Kraft hatte aber eine andere Farbe, eine andere Wärme und brachte auch eine andere Ernte mit sich.

Heute ist mir bewusst, dass ich altere. Mein Körper zeigt es mir mit Fältchen und Wehwehchen. Auch die Menopause, wie von Karin beschrieben, macht mit mir etwas. Trotzdem fühle ich mich immer noch jung und fit im Kopf, so wie ich es damals den älteren Menschen vorhielt. Jeden Morgen mache ich eine halbe Stunde Yoga, ein- bis dreimal in der Woche gehe ich joggen. Das war undenkbar, als ich zwanzig war, da hätte ich weder die Disziplin der Regelmässigkeit noch die Ausdauer aufgebracht. Dafür rase ich nicht mehr mit dem Motorrad herum, haushalte besser mit meinen Kräften, bin geduldiger mit mir und anderen, kenne mich gut und habe Empathie gelernt.

altwerden jungbleiben
Du bist erst alt, wenn du entscheidest, nicht mehr jung zu sein

Auf dem Zähler des Lebens gelte ich bald als Seniorin. In den Augen junger Menschen bin ich schon bald uralt. In meinem Kopf aber sitzen nun die Reife und das Jungsein gemütlich beieinander und jassen aus, wo ist was Neues dran und wo darf es sein, wie es schon immer war und mir entspricht – eine neue Freiheit, die ich früher nicht hatte. Und doch weiss ich heute, was damals die älteren Menschen mit dem Altwerden meinten.

Sich noch mal ganz neu auszurichten …

Es ist gut, sich mit dem Älterwerden auseinanderzusetzen. Wem es gut geht dabei, der muss nichts unternehmen. Wer jedoch zu intensiv der Jugend nachtrauert, dadurch die Gegenwart verpasst oder sich einfach nicht wohlfühlt und keine spannende Zukunft sieht, kann die Chance nutzen und eine Lebenszwischenbilanz ziehen. Eine Standortbestimmung kann eine interessante Angelegenheit sein. Vieles kommt zutage und kann geerntet oder aufgeräumt werden. So wird es möglich, Platz für Neues zu schaffen, sich eine erfüllende Zukunft aufzubauen und nochmals richtig aufzuleben – egal, wie viele Lebensjahre am Geburtstag gefeiert werden. Jedes Alter lässt es zu, neue Pläne zu schmieden.

Wegweiser für eine erfüllte nächste Lebensphase

  • Kaufen Sie ein schönes Notizbuch und richten Sie sich mit ihm an einem angenehmen Ort ein.
  • Die erste Schreibphase dient dem Rückblick: Was habe ich verwirklicht? Was hat mir Spass gemacht? Wo habe ich mich überrascht? Wann war ich stolz auf mich? Was ist mir gelungen? An was hatte ich Freude?
  • Verwenden Sie so viel Zeit auf diesen Rückblick, wie Sie brauchen. Je älter Sie sind, desto mehr gibt es zu ernten. Es können ein paar Stunden sein bis hin zu ein paar Tage oder sporadisch immer wieder.
  • Wenn Sie das Gefühl haben, alles aufgeschrieben zu haben, gehen Sie in die nächste Phase.
  • Was wollten Sie schon immer einmal tun, was Sie noch nie gemacht haben? Ob es aus zeitlichen Gründen, Lebensumstände oder Ängsten heraus nicht geschehen ist, ist unwichtig. Beurteilen Sie nicht, listen Sie einfach auf, was Ihnen in den Sinn kommt.
  • Auch hier nehmen Sie sich genügend Zeit. Fragen Sie sich: «Was noch…?», bis sich die Liste vollständig anfühlt.
  • Im nächsten Schritt wählen Sie aus Ihrer Liste die Punkte, welche Sie in den kommenden drei Jahre angehen wollen.
  • Danach wählen Sie den Punkt, der Sie am meisten «gluschtet», und schmieden einen Plan, der Sie ans Ziel führt.
  • Und nicht vergessen: Der Weg selbst hat bereits eine erfüllende Qualität.

Dieser Text wurde 4-händig geschrieben, die Idee stammt von meiner Kollegin, Kundin und Texterin Karin Engelkamp von Textengel in Solothurn.  www.textengel.ch/ Die Erläuterungen dazu von Catherine Sorg.
Das Bild wurde von meiner EOL Kollegin Claudia Esser, manusfactur, aus Dorsten in Deutschland speziell dazu erstellt www.manusfactur.de